(Neuroleptika)
Sammelbegriff für verschiedene Substanzen einer Wirkstoffgruppe
Verwendete synthetische Substanzen:
Amisulprid, Aripiprazol, Benperidol, Bromperidol, Clopenthixol,Chlorpromazin, Chlo- rprothixen, Clozapin, Droperidol, Fluphenazin, Flupentixol, Fluspirilen, Haloperidol, Levomepromazin, Melperon, Olanzapin, Perazin, Perphenazin, Pimozid, Pipampe- ron, Promazin, Promethazin, Prothipendyl, Quetiapin, Risperidon, Spiperon, Sulpi- rid, Thioridazin, Trifluoperazin, Triflupromazin, Ziprasidon, Zotepin, Zuclopenthixol, (...)
Natürlich vorkommende Substanzen:
Reserpin, (...)
Szenetypische Bezeichnungen:
(keine)
Antipsychotika, früher auch Neuroleptika (gr.: den Nerv er- greifend) genannt, sind Substanzen einer Wirkstoffgruppe mit antipsychotischer (den Realitätsverlust bekämpfenden) und sedierenden Eigenschaften. Ihr Anwendungsgebiet um- faßt primär die Behandlung von Halluzinationen und Wahn- vorstellungen, die bei psychischen Störungen wie der Manie oder Schizophrenie auftreten können, sowie als Beruhi-gungsmittel bei Angst-, Erregungs- und Unruhezuständen. Heutzutage werden Antipsychotika standardmäßig bei behandlungsbedürftigen Psy- chosen eingesetzt und finden auch zunehmend bei anderen psychischen Erkran- kungen wie z.B. ADHS (bei Kindern), Autismus (vor allem gegen Reizbarkeit), dem fetalen Alkoholsyndrom (FAS), Depressionen, Persönlichkeitsstörungen, dem Tou- rette-Syndrom oder Zwangsstörungen ihre Anwendung. Sie wirken jedoch stets nur symptomatisch, können also die psychische Erkrankung nicht im eigentlichen Sinne heilen, sondern unterdrücken lediglich für den Zeitraum der Einnahme die Sympto- me, was den Patienten eine Distanzierung von ihrer Erkrankung erlaubt, so daß sie den eigenen Zustand als krankhaft erkennen können. Zudem werden sie als Beruhi-gungsmittel z.B. in der Altenpflege eingesetzt. So erhalten ca. 30 – 40 % der Be- wohner von Altenheimen Antipsychotika.
Der erste Wirkstoff, der als Antipsychotikum vermarktet wurde, war das im Jahre 1950 erstmals synthetisierte Chlorpromazin. Es kam im Jahre 1953 auf den deut- schen Markt. Die klassischen (oder auch typischen oder konventionellen) Antipsy- chotika verursachen jedoch neben ihrer erwünschten Wirkung auch eine Reihe von Nebenwirkungen wie z.B. das Extrapyramidale Syndrom (EPS), welches sich in ver- schiedenen Formen von Störungen in den Bewegungsabläufen äußert. Zudem sind sie bei ca. 30 – 40 % der Patienten unwirksam. Mit der Einführung des Clozapins im Jahre 1971 wurde eine neue Generation von Antipsychotika eingeführt, die atypi- schen Antipsychotika (oder auch Antipsychotika der zweiten Generation). Sie bieten bei vergleichbarer antipsychotischer Wirkung u.a. den Vorteil, daß sie nur geringe oder keine extrapyramidalen Störungen verursachen. Zudem sind sie häufig auch bei Patienten wirksam, bei denen die klassischen Antipsychotika unwirksam sind, und bieten ein breiteres Einsatzgebiet. Als Nebenwirkung kann jedoch eine starke Gewichtszunahme auftreten. Atypische Antipsychotika machten im Jahre 2011 in Deutschland etwa die Hälfte aller verschriebenen Antipsychotika aus.
Die Ursache für diverse psychische Erkrankungen wird in einem Dopaminüber- schuß im Gehirn vermutet. Der genaue Wirkmechanismus von Antipsychotika ist zwar noch nicht vollständig geklärt, aber es wird angenommen, daß die klassischen Antipsychotika u.a. unspezifisch an allen Dopamin-Rezeptoren hemmend wirken, was auch einige Nebenwirkungen dieser Arzneimittel erklären könnte. Für die neue- ren, atypischen Antipsychotika hingegen wird u.a. angenommen, daß sie aus- schließlich oder zumindest überwiegend nur die D2-Rezeptoren des Mesolimbi- schen Systems (das positive Belohnungssystem) hemmen. Die Rezeptorbindungs-eigenschaften können sich jedoch zwischen den verschiedenen Wirkstoffen erheb- lich unterscheiden und auch Interaktionen mit anderen Rezeptortypen wie den Noradrenalin-, Serotonin-, Acetylcholin- und Histamin-Rezeptoren werden vermutet.
Antipsychotika sind keine homogene chemische Stoffgruppe. Sie lassen sich jedoch einteilen in die (älteren) trizyklischen Antipsychotika bestehend aus den Stoffgrup- pen der Phenothiazine (z.B. Chlorpromazin, Fluphenazin, Levomepromazin, Pera- zin, Perphenazin, Promazin, Promethazin, Thioridazin, Trifluoperazin oder Triflupro-mazin), Azaphenothiazine (z.B. Prothipendyl) und Thioxanthene (z.B. Chlorprothi- xen, Clopenthixol, Flupentixol oder Zuclopenthixol), die Stoffgruppe der Butyrophe- none (z.B. Benperidol, Bromperidol, Droperidol, Haloperidol, Melperon, Pipamperon oder Spiperon) und Diphenylbutylpiperidine (z.B. Fluspirilen oder Pimozid), die (neueren) trizyklischen Antipsychotika aus der Stoffgruppe der Dibenzepine, die weiter unterteilt werden kann in die Dibenzodiazepine (z.B. Clozapin), Dibenzothia-zepine (z.B. Quetiapin), Dibenzothiepine (z.B. Zotepin) und Thienobenzodiazepine (z.B. Olanzapin), die Stoffgruppe der Benzisoxazolderivate (z.B. Risperidon) sowie andere Substanzen wie das Aripiprazol oder Ziprasidon, die Stoffgruppe der zusätz- lich zu einem gewissen Grad stimmungsaufhellenden und aktivierenden Benzamide (z.B. Amisulprid oder Sulpirid) sowie natürlich vorkommende Substanzen wie das mittlerweile nicht mehr verwendete pentazyklische Rauvolfia-Alkaloid Reserpin.
Antipsychotika sind heute nach den Antidepressiva die am häufigsten verordneten Psychopharmaka und liegen bei den erzielten Umsätzen sogar an erster Stelle.
Sie können auch in K.O.-Tropfen enthalten sein!
Die meisten Antipsychotika unterliegen dem Arzneimittelgesetz (AMG) und sind nach der Arzneimittelverschreibungsverordnung (AMVV) rezeptpflichtig. Herstel- lung, Einfuhr, Erwerb, Besitz (ohne Rezept) und Weitergabe/Handel sind in diesem Fall strafbar!
Merkmale (allgemein):
- Antipsychotika sind als Tabletten, Tropfen, Saft und Injektionslösungen erhältlich.
Gebrauch (allgemein):
- Antipsychotika werden meist geschluckt. Sie können jedoch auch für einen schnel-
len Wirkungseintritt intravenös (i.v.) oder für eine mehrwöchig anhaltende Wirkung
als Depotpräparate intramuskulär (i.m.) gespritzt werden.
Wirkung (allgemein):
- Bei kranken Personen ist die Wirkung antipsychotisch und sedierend. Die Anwen-
dungsgebiete sind u.a. die Behandlung von Halluzinationen und Wahnvorstellun-
gen, die bei psychischen Störungen wie der Manie oder Schizophrenie auftreten
können, sowie von Psychosen und anderen psychischen Erkrankungen wie z.B.
ADHS, Autismus, dem fetalen Alkoholsyndrom (FAS), Depressionen, Persönlich-
keitsstörungen, dem Tourette-Syndrom oder Zwangsstörungen. Zudem werden
Antipsychotika als Beruhigungsmittel bei Angst-, Erregungs- und Unruhezuständen
eingesetzt. Sie wirken nur symptomatisch, können also die Erkrankung nicht im
eigentlichen Sinne heilen. Während der Behandlung können Anhedonie oder Dys-
phorie auftreten. Zudem sind das Lernen und Problemlösungsprozesse einge-
schränkt.
Gefahren (allgemein):
- Insbesondere bei älteren Personen ist die Gefahr von Stürzen deutlich erhöht.
- Die Nebenwirkungen sind stark präparat- und dosisabhängig:
- Es können Funktionsstörung der Bauchspeicheldrüse, der Leber und der Nieren
sowie Herzrhythmusstörungen auftreten.
- Es können hormonelle Störungen auftreten. Dies kann zu sexuellen Störungen,
einer verminderten Libido und bei Frauen zu Störungen bei der Menstruation
führen. Zudem können Störungen in der Körpertemperaturregulation auftreten.
- Das Risiko für Thrombosen steigt um ca. 33 %.
- In seltenen Fällen kann das u.U. lebensbedrohliche Maligne Neuroleptika-Syn-
drom (MNS) auftreten.
- Bei einer gewissen Anfälligkeit können Gelegenheitsanfälle ausgelöst werden.
- Es besteht der Verdacht auf die Entstehung von Hypophysentumoren.
- Es können Antriebslosigkeit, emotionale Verarmung, Verwirrtheit und Depressio-
nen auftreten.
- Bei klassischen Antipsychotika kann als Nebenwirkung u.a. das Extrapyramidale
Syndrom (EPS) auftreten, welches sich in Form von Akathisie (z.B. Sitzunruhe,
ständiges Umherlaufen, auf der Stelle treten oder Kniewippen), Frühdyskinesie
(z.B. unwillkürliche Bewegungen bis hin zu krampfartigen Anspannungen von
Muskeln und Muskelgruppen sowie Zungen- und Schlundkrämpfen), parkinson-
oiden Störungen (Bewegungsstörungen ähnlich der Parkinson-Krankheit: z.B.
Muskelstarre, die ungelenke und roboterartige Bewegungen, einen kleinschritti-
gen, schlurfenden Gang oder auch dystone Störungen wie einen Schiefhals ver-
ursacht) und/oder Spätdyskinesie (z.B. Bewegungsstörungen im Gesichtsbereich
wie Zuckungen, Schmatz- und Kaubewegungen oder Hyperkinesen der Extremi-
täten; die Schwere der Störungen hängt von der Dosis und Behandlungsdauer
ab; sie können lebenslang bestehen bleiben) äußern kann.
- Bei atypischen Antipsychotika treten im Gegensatz zu den typischen Antipsycho-
tika nur geringe oder keine extrapyramidalen Störungen auf. Es kann jedoch zu
einer starken Gewichtszunahme kommen.
- Abhängig von der Dosis und dem Einnahmezeitraum kann es zu Veränderungen
im Gehirn kommen. So kann es zu einer Verschiebung des Verhältnisses von
grauer zu weißer Substanz kommen und das Gesamtvolumen des Gehirns oder
jenes von Teilstrukturen kann sich durch das Absterben von Nervenzellen (Neuro-
degeneration) verringern. Hierdurch können verschiedene neurologische Defizite
auftreten wie z.B. verminderte Aufmerksamkeit, schlechtere kognitive Leistungen,
schlechtere Orientierungsleistungen, schlechteres Abstraktionsvermögen und ver-
bale Defizite.
- Während der Schwangerschaft und Stillzeit können Schädigungen des Kindes
auftreten.
- Antipsychotika können das Reaktionsvermögen vermindern, was die Fahrtauglich-
keit beeinträchtigen kann. Das Führen eines Fahrzeuges unter dem Einfluß gleich
welchem Rauschmittels kann – auch wenn dies nicht dem BtMG unterliegt – bei
Auffälligkeiten im Fahrverhalten oder anderen Ausfallerscheinungen nach § 316
StGB (Trunkenheit im Verkehr) mit dem Entzug der Fahrerlaubnis bestraft werden.
Safer Use (allgemein):
- Da Antipsychotika die Wirkung von Dopamin hemmen, sind sie als Partydroge völ-
lig untauglich! Eine nicht ärztlich verordnete Einnahme kann schwerwiegende
Komplikationen verursachen. Also Finger weg!
- Vermeide Mischkonsum:
- In Kombination mit Alkohol kann es zu einer gefährlichen Verstärkung in der Wir-
kung des Antipsychotikums kommen.
- In Kombination mit Beruhigungsmitteln kann es zu einer gefährlichen Verstärkung
in der Wirkung des Antipsychotikums kommen.
- In Kombination mit Coffein kann sich die Wirkung des Antipsychotikums ab-
schwächen.
- Konsumenten, die ärztlich verordnet Antipsychotika einnehmen, berichten davon,
daß sich die Wirkung von bestimmten Drogen wie z.B. Amphetamin (Speed),
MDMA (Ecstasy) oder auch LSD deutlich abschwächt oder diese sogar gänzlich
ausbleibt. Antipsychotika sollten jedoch keinesfalls zum „Runterkommen“ ver-
wendet werden!
- Die Kombination mit diversen „Neuen psychoaktiven Substanzen“ (NPS) wie z.B.
Butylon, MDPV oder Mephedron könnte sehr gefährlich sein.
- Personen mit schweren Leber- oder Nierenschäden, Gehirnerkrankungen sowie
bestimmten Blutbildveränderungen oder Herzerkrankungen dürfen bestimmte Anti-
psychotika nicht einnehmen. Dies gilt auch bei akuten Vergiftungen.
- Schwangere und stillende Mütter sollten keine Antipsychotika nehmen, da sie das
Kind schädigen können.
- Im Notfall den europaweit gültigen Notruf (Nummer: 112) anrufen. Schildere am
Telefon nur die Symptome und kläre den Rettungsdienst oder Notarzt vor Ort über
die konsumierten Substanzen auf. Sie unterliegen der Schweigepflicht!
Informationen zur Ersten Hilfe bei Drogennotfällen findest Du hier.
Letzte Änderungen: 21.03.2017
Haftungsausschluß
Der gemeinnützige Verein eve&rave Münster e.V. möchte wertfrei über (Party-)Drogen aufklären und die damit verbundenen Risiken aufzeigen, sowie Tips im
Fall von Notsituationen geben. Daher richtet sich der Inhalt dieser Seiten in erster Linie an Personen, die bereits Drogen konsumieren oder beabsichtigen dies zu tun. Er soll nicht als
Konsumaufforderung mißverstanden werden!
Wenngleich die Informationen dieser Seiten nach bestem Wissen und Gewissen zusammengestellt wurden, so können Fehler jedoch nicht ausgeschlossen werden. Wir übernehmen keine Haftung für Schäden,
die durch die Verwendung dieser Informationen entstehen!