Sammelbegriff für verschiedene Substanzen einer Stoffgruppe
Verwendete Substanzen:
3-Hydroxyphenazepam, Adinazolam, Alprazolam, Bromazepam, Camazepam, Chlordiazepoxid, Clobazam, Clonazepam, Clonazolam (Clonitrazolam), Clonipraze- pam, Clorazepat, Clotiazepam, Cloxazolam, Delorazepam, Desmethylflunitrazepam (Fonazepam), Diazepam, Diclazepam, Estazolam, Ethylloflazepat, Flubromazepam, Flubromazolam, Fludiazepam, Flunitrazepam, Flunitrazolam, Flurazepam, Halaze- pam, Haloxazolam, Ketazolam, Loprazolam, Lorazepam, Lormetazepam, Meclona-zepam, Medazepam, Midazolam, Nifoxipam, Nimetazepam, Nitrazepam, Nitrazo- lam, Nordazepam, Oxazepam, Oxazolam, Phenazepam, Pinazepam, Prazepam, Pyrazolam, Sograzepid, Temazepam, Tetrazepam, Tifluadom, Triazolam, (...)
Szenetypische Bezeichnungen:
Benzos, Bennies, Blues, Blueys, Tranx, Mother’s Little Helpers bzw. präparat-, her- steller- oder substanzspezifische Namen
Benzodiazepine sind polycyclische (aus mehreren Ringen bestehende) Verbindungen, deren Grundgerüst aus einem bicyclischen Ringsystem (bestehend aus einem Benzol- und einem Diazepin-Ring) gebildet wird. Sie können anxiolytisch (angstlösend), antikonvulsiv (krampflösend), muskelrelaxie- rend (muskelentspannend), sedierend (beruhigend), hypno- tisch (schlaffördernd), amnestisch (keine Erinnerungen an den Wirkzeitraum) sowie leicht stimmungsaufhellend bis eu- phorisierend wirken und werden u.a. zur kurzfristigen Behandlung von Ein- und Durchschlafstörungen, zur Beruhigung vor Narkosen oder bei Anspannungs-, Unru- he- und Angstzuständen sowie (bestimmte) gegen Epilepsie eingesetzt. Zu den Se- dativa und Hypnotika zählen u.a. Estazolam, Flunitrazepam, Flurazepam, Haloxazo- lam, Loprazolam, Lormetazepam, Midazolam, Nimetazepam, Nitrazepam, Temaze- pam und Triazolam und zu den Anxiolytika u.a. Alprazolam, Bromazepam, Camaze- pam, Chlordiazepoxid, Clobazam, Clonazepam, Clorazepat, Clotiazepam, Cloxazo- lam, Delorazepam, Diazepam, Ethylloflazepat, Fludiazepam, Halazepam, Ketazo- lam, Lorazepam, Medazepam, Nordazepam, Oxazepam, Oxazolam, Pinazepam, Prazepam und Tetrazepam.
Die erste Verbindung aus der Gruppe der Benzodiazepine, die ab 1961 medizini- sche Verwendung fand, war das Chlordiazepoxid (Librium®). 1963 kam das recht bekannte Diazepam (Valium®), welches z.B. im Jahr 2005 das am häufigsten ver- ordnete Benzodiazepin war, auf den Markt. Ein weiterer recht bekannter Vertreter der Benzodiazepine ist das 1975 eingeführte Flunitrazepam (Rohypnol®).
Alle Benzodiazepine wirken als positive, negative oder selten auch als stille (neutra- le) allosterische Modulatoren. Sie binden als allosterische Liganden an GABAA-Re- zeptoren (GABA-Rezeptoren sind die wichtigsten hemmenden Rezeptoren im Ge- hirn), wodurch sie die Gestalt des Rezeptors verändern und hierdurch die Bindungs-affinität für den Neurotransmitter γ-Aminobuttersäure (GABA) und somit auch die Öffnungswahrscheinlichkeit des Chlorid-Kanals beeinflussen (Chlorid-Ionen hem- men die Erregbarkeit von Nervenzellen). Klassische Benzodiazepine binden nur an GABAA-Rezeptoren mit den α-Untereinheiten α1, α2, α3 und α5, nicht jedoch an α4 und α6. Im Gegensatz zu den Barbituraten, die als Agonist an der β-Untereinheit der GABAA-Rezeptoren wirken, sind Benzodiazepine nicht in der Lage, ohne die Anwesenheit von GABA Rezeptoren zu öffnen. Außerdem wirken Benzodiazepine an Synapsen, die nur wenig GABA enthalten, stärker als an jenen, die viel GABA enthalten, wobei sie die Maximalwirkung, die GABA dort allein erreichen könnte, nie steigern, sondern lediglich die Menge an benötigtem GABA für die Maximalwirkung herabsetzen.
Tifluadom wirkt nicht an GABAA-Rezeptoren sondern am κ-Rezeptor (einem Opioid-rezeptortyp) und wirkt daher auch eher wie ein Opioid oder Opiat. Und das nicht psychoaktiv wirkende Sograzepid wirkt als Antagonist am CCK2-Rezeptor und wird zur Behandlung bestimmter Tumore des Verdauungstrakts eingesetzt.
Einige Benzodiazepine werden auch als Designerdrogen (Research Chemicals; heutzutage als „Neue psychoaktive Substanzen“ oder kurz NPS bezeichnet) ange- boten, darunter 3-Hydroxyphenazepam, Adinazolam, Clonazolam (Clonitrazolam), Cloniprazepam, Desmethylflunitrazepam (Fonazepam), Flubromazolam, Flunitrazo- lam, Meclonazepam, Nifoxipam, Nitrazolam und Pyrazolam.
Benzodiazepine gelten weltweit als die Medikamente mit der höchsten Mißbrauchs- rate. Sie können auch in K.O.-Tropfen enthalten sein, wie z.B. das Flunitrazepam (Rohypnol®).
Zu den Benzodiazepinen zählen bezüglich ihrer Wirkung im weitesten Sinne auch die Thienodiazepine, deren Grundgerüst ebenfalls durch ein bicyclisches Ringsys- tem (bestehend aus einem Diazepin- und einem anellierten Thiophen-Ring) gebildet wird. Zu den Thienodiazepinen zählen u.a. die Substanzen Bentazepam, Brotizo- lam, Ciclotizolam, Deschloroetizolam, Etizolam, Israpafant, JQ1 und Metizolam (Desmethyletizolam).
Die meisten Benzodiazepine unterliegen dem BtMG (Anlage III: Verkehrsfähige und verschreibungsfähige Betäubungsmittel). Herstellung, Einfuhr, Erwerb, Besitz (ohne Rezept) und Weitergabe/Handel sind in diesem Fall strafbar! Nachdem der Europä- ische Gerichtshof (EuGH) am 10.07.2014 eine Regelung gekippt hat (Az: C 358/13 und C 181/14), nach der viele „Neue psychoaktive Substanzen“ (NPS) in Deutsch- land dem AMG unterlagen, unterliegen derzeit u.a. die Benzodiazepine 3-Hydroxy-phenazepam, Clonazolam (Clonitrazolam), Cloniprazepam, Flubromazolam, Fluni-trazolam, Meclonazepam, Nifoxipam und Pyrazolam keiner betäubungsmittelrecht-lichen Regelung mehr. Diese rechtliche Lücke wird vermutlich durch zukünftige Er- gänzungen im am 26.11.2016 in Kraft getretenen Neue-psychoaktive-Stoffe-Gesetz (NpSG) wieder geschlossen.
Merkmale (allgemein):
- Benzodiazepine sind als Tabletten, Kapseln, Injektionslösungen (z.B. Diazepam,
Lorazepam und Midazolam) und Zäpfchen erhältlich.
Gebrauch (allgemein):
- Benzodiazepine werden meist geschluckt. Sie können jedoch auch geschnupft
oder intravenös (i.v.) gespritzt werden.
- Therapeutische Dosen liegen bei Blutkonzentrationen von ca. 0,1 – 1,0 mg/l vor,
toxische Wirkungen treten bei Konzentrationen über 1,5 mg/l auf und Todesfälle
sind ab ca. 5 mg/l möglich.
- Die allgemeinen Richtlinien für Ärzte zur therapeutischen Anwendung von Benzo-
diazepinen lauten, daß diese eindeutig begründet, in der niedrigstmöglichen Do-
sierung über den kürzestmöglichen Zeitraum und insgesamt nicht länger als weni-
ge Wochen (Richtwert maximal 4 Wochen) gegeben werden sollten, um einer Tole-
ranz- und Abhängigkeitsentwicklung, von der bei Letzterer angenommen wird, daß
sie erst nach frühestens 8 Wochen auftritt, vorzubeugen. Bei einer Dauerbehand-
lung sind die Gefahren gegen den therapeutischen Nutzen sorgfältig abzuwägen.
Die meisten Benzodiazepine sind grundsätzlich nicht zur Dauerbehandlung zuge-
lassen. Eine Ausnahme bilden die gegen Epilepsie wirksamen Benzodiazepine,
die bei entsprechender Indikation häufig lebenslang eingenommen werden müs-
sen.
Wirkung (allgemein):
- Wirkungseintritt, -dauer und -intensität variieren stark zwischen den verschiedenen
Präparaten.
- Benzodiazepine können anxiolytisch (angstlösend), antikonvulsiv (krampflösend),
muskelrelaxierend (muskelentspannend), sedierend (beruhigend), hypnotisch
(schlaffördernd), amnestisch (keine Erinnerungen an den Wirkzeitraum) sowie
leicht stimmungsaufhellend bis euphorisierend wirken. Sie dämpfen die bewußte
Wahrnehmung und Intensität von Gefühlen und Aggressionen.
- Als Nebenwirkungen können Benommenheit sowie Antriebs-, Reaktions-, Kogni-
tions- und Konzentrationsstörungen auftreten.
Gefahren (allgemein):
- Benzodiazepine wirken dosisabhängig und je nach Substanz unterschiedlich stark.
Eine Überdosierung kann zur Enthemmung, die u.U. mit feindseligem oder aggres-
sivem Verhalten einhergeht, sowie aufgrund der atemdepressiven Wirkung im Ex-
tremfall zum Tod durch Atemlähmung führen.
- Auch in niedrigen Dosierungen, vor allem aber bei hoher Dosierung und bei
schnell anflutenden Substanzen wie Alprazolam, Diazepam, Flunitrazepam und
Lorazepam, können bei längerfristigen Gebrauch Störungen in den Gedächtnis-
funktionen (amnestische Störungen) auftreten. Zudem kann ein längerfristiger nie-
drigdosierter Gebrauch paradoxe Wirkungen mit Zunahme von Angst- und/oder
Schlafstörungen und psychomotorische Verlangsamung mit erhöhter Unfallgefahr
(vor allem bei älteren Menschen und bei Verwendung lang wirksamer Substanzen)
verursachen.
- Obwohl Benzodiazepine stimmungsaufhellend wirken, kann sich bei einer depres-
siven Vorerkrankungen die Depression auch verstärken.
- Benzodiazepine besitzen bei häufiger Einnahme auch in niedrigen Dosierungen
ein hohes Abhängigkeitspotential! Das abrupte Absetzen kann schwere körperli-
che und psychische Entzugssymptome (z.B. lebensbedrohliche epileptische Anfäl-
le, Fieber, Schlafstörungen, Zittern, Ängste, Wahrnehmungsstörungen, Paranoia
und Psychosen) verursachen. Daher sollte ein solcher Entzug immer unter statio-
nären Bedingungen erfolgen. Leichte Entzugssymptome können Angst, Schlaflo-
sigkeit und Alpträume sein.
- Konsumieren Schwangere oder stillende Mütter Benzodiazepine, kann dies beim
Kind Apathie und Muskelschwäche verursachen.
- Benzodiazepine können die Reaktionszeit erheblich beeinträchtigen. Daher be-
steht zumindest während der ersten Einnahmetage keine Fahrtauglichkeit! Im Ver-
lauf einer längeren Therapie muß der behandelnde Arzt entscheiden, ob das Füh-
ren eines Kraftfahrzeuges oder das Bedienen gefährlicher Maschinen wieder mög-
lich ist. Das Führen eines Fahrzeuges unter dem Einfluß von Benzodiazepinen oh-
ne ärztliche Verordnung ist grundsätzlich gefährlich und kann – auch wenn die
Substanz nicht dem BtMG unterliegt – bei Auffälligkeiten im Fahrverhalten oder
anderen Ausfallerscheinungen nach § 316 StGB (Trunkenheit im Verkehr) mit dem
Entzug der Fahrerlaubnis bestraft werden.
- Informationen zu den Nachweiszeiten von Benzodiazepinen und anderen Sub-
stanzen findest Du hier.
Safer Use (allgemein):
- Benzodiazepine sind keine Partydroge! Im Vergleich zu vielen illegalisierten Party-
drogen sind sie insbesondere bei längerer anhaltendem Gebrauch um ein Viel-
faches gefährlicher!
- Benzodiazepine sollten nicht zum „Runterkommen“ von Partydrogen eingenom-
men werden!
- Vermeide Mischkonsum:
- In Kombination mit Alkohol ist das Risiko für enthemmtes Verhalten, welches mit-
unter auch feindselig oder aggressiv sein kann, deutlich erhöht. Da Alkohol eben-
falls zentralnervös dämpfend und somit auch atemdepressiv wirkt, kann sich die
Wirkungsintensität des Benzodiazepins erhöhen und hierdurch eine lebensbe-
drohliche Atemlähmung auftreten. Zudem führt die Kombination mit Alkohol bei
einigen Präparaten zu Gedächtnisverlust. Auch in niedrigen Dosierungen können
bei längerfristigen Gebrauch in Kombination mit Alkohol (auch in kleinen Mengen)
Verhaltensstörungen auftreten. Des weiteren besteht zwischen Benzodiazepinen
und Alkohol eine Kreuztoleranz.
- In Kombination mit bestimmten Drogen kann sich die Wirkungsintensität erhöhen
und hierdurch eine lebensbedrohliche Atemlähmung auftreten.
- In Kombination mit Amphetaminen wie z.B. Amphetamin (Speed) kann sich die
Wirkung des Benzodiazepins abschwächen.
- In Kombination mit Barbituraten verstärkt sich die Wirkung des Barbiturats.
- In Kombination mit Opioiden, die ebenfalls atemdepressiv wirken, erhöht sich das
Risiko für eine lebensbedrohliche Atemlähmung erheblich! Zudem verstärken
sich die sedierenden Wirkungen wechselseitig.
- Benzodiazepine sollten von Personen, die an einer Benzodiazepin-Allergie, Ataxie,
Engwinkelglaukom, Myasthenia gravis oder Schlafapnoe-Syndrom (hier eine
Schlafapnoe-Fachklinik mit umfangreichen Infos) leiden sowie von Personen mit
einer akuten oder zurückliegenden Alkohol-, Drogen- oder Medikamentenabhäng-
igkeit nicht konsumiert werden.
- Schwangere und stillende Mütter sollten keine Benzodiazepine konsumieren!
- Im Notfall den europaweit gültigen Notruf (Nummer: 112) anrufen. Schildere am
Telefon nur die Symptome und kläre den Rettungsdienst oder Notarzt vor Ort über
die konsumierten Substanzen auf. Sie unterliegen der Schweigepflicht!
Informationen zur Ersten Hilfe bei Drogennotfällen findest Du hier.
Letzte Änderungen: 25.04.2020
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